Ich bin seit einiger Zeit stolze Besitzerin eines iPad Air sowie eines iPad Mini mit Retina Display. Da ich gern zeichne und finde, dass handschriftliche Notizen manchmal einfach schneller gehen, war ich auf der Suche nach Eingabestiften, die über das bekannte Maß (Gummispitze als Fingerersatz) hinausgehen. Eine kurze Recherche später gehen drei Stifte ins Rennen: Adonit Jot Touch 4 (ca. 90 €), Wacom Intuos Creative Stylus (ca. 95 €) und Ten1 Pogo Connect (ca. 65 €).
Letzterer fiel leider gleich wieder aus meiner Auswahl, da der Stift aufgrund einer Hardware-Änderung des iPads nicht mehr mit der allerneusten Generation kompatibel ist. Sehr schade! Allerdings hat dieser Stylus auch eine sehr dicke Spitze ähnlich aller anderen, herkömmlichen Eingabestifte.
Die beiden anderen Stifte von Adonit (Jot Touch 4) und Wacom (Intuos Creative Stylus) bieten jeweils einen Druckempfindlichkeitssensor mit 2048 Stufen, was derzeit das Höchste am Markt sein dürfte. Mehr wäre wohl auch kaum sinnvoll. Ebenfalls verbinden sich beide per Bluetooth 4.0 Smart, und zwar ohne zunächst umständlich in den Einstellungen herumzufuhrwerken, sondern direkt in der jeweiligen (kompatiblen) App. Meist läuft das sogar automatisch ab, nur beim Stiftwechsel oder expliziten Einstellungen muss man etwas mehr tun.
Zum Intuos Creative Stylus gehört eine robuste, schwarze Schatulle, in der ein Ersatzakku (AAAA), bis zu fünf weitere Ersatzspitzen aus Gummi sowie der Stift höchstselbst sicher Platz finden. Zwei gleiche Ersatzspitzen und ein Akku sind im Lieferumfang enthalten. Die Schatulle lässt sich problemlos in Hosen- oder Handtasche verstauen, sodass man immer alles parat hat, was man unterwegs zum Zeichnen/Notieren auf seinem iPad braucht, selbst wenn dem Stift mal der Strom ausgehen oder die Spitze unbrauchbar werden sollte.
Der Jot Touch 4 wird in einer schicken Plastikhülle geliefert, die allerdings nicht wirklich zum Transport geeignet ist, sondern nur der sicheren Verpackung dient. Um die sehr empfindliche Stiftspitze bei Nichtgebrauch zu schützen wird ein Metallschraubdeckel in Stiftfarbe mitgeliefert, den man während des Betriebes einfach hinten drauf schrauben kann. Eine Ersatzspitze wird nicht mitgeliefert, kann aber erworben werden. Im Jot Touch 4 steckt ein eingebauter Akku, der ganz einfach an jeder USB-Ladebuchse geladen werden kann. Die Ladestation sieht wie ein kleiner USB-Stick aus. Der Stift wird senkrecht hineingestellt und mit einem starken Magneten in Position gehalten. Es dauert ca. 45 Minuten bis der Akku wieder voll ist. Mit einer Akkuladung soll der Stift rund einen Monat halten.
Beide Stifte liegen gut in der Hand und fühlen sich wie ein ordentlich schwerer Kugelschreiber an. Wer schon mit Stiften der Firma Wacom gearbeitet hat, wird sich mit der Form “wie zu Hause” fühlen, da hier keine Designänderung erfolgt ist. Beim Adonit stört das Schraubgewinde für den Deckel ein wenig. Man kann mit beiden Stiften in verschiedenen Winkeln schreiben. Eine rutschhemmende Gummibeschichtung hilft, dass der Stift nicht aus der Hand fällt. Vorn sind ebenfalls bei beiden zwei Tasten angebracht, die in verschiedenen Apps auch unterschiedliche, teils programmierbare Funktionen innehaben können. Leider passiert es ab und zu, dass man beim Schreiben/Zeichnen versehentlich mal drauf landet. Darüber sitzt eine LED, die beim Intuos Creative Stylus blau, beim Jot Touch 4 grün leuchtet oder blinkt.
Das Schreibgefühl ist unterschiedlich: während beide zwar recht flink über den Bildschirm gleiten, merkt man dem Intuos schon an, dass hier eine Gummispitze am Werk ist. Von Zeit zu Zeit wird der Schwung schon mal gebremst und man muss grundsätzlich etwas fester aufdrücken, damit überhaupt etwas zu sehen ist. Beim Aufsetzen klickt die Stiftspitze leise, während die Plastikscheibe des Jot Touch 4 ziemlich laut klackt, was in ruhigen Umgebungen schnell nerven kann. Dennoch gleitet die Scheibe sehr angenehm und gleichmäßig über den Bildschirm und benötigt kaum Druck. Allerdings sollte man beim Jot Touch 4 unbedingt auf Reinlichkeit achten: es kursieren Berichte, dass die Plastikscheibe Kratzer auf dem Glas hinterlassen kann. Ich habe bisher noch nichts dergleichen festgestellt, achte jedoch auch auf ein möglichst staubfreien, sauberen Bildschirm.
Je nach App können beide Stifte ihre jeweiligen Stärken gegenüber den herkömmlichen Stiften ausspielen: zum einen die Druckempfindlichkeit, die den Strich stärker oder schwächer werden lässt, zum anderen kann man den Handballen auflegen, ohne dass hier etwas stört oder versehentlich das Bild weitere Striche erhält. Wie oben schon erwähnt lassen sich mit dem Jot Touch 4 schon mit sehr wenig Druck sehr feine Linien zeichnen, während der Intuos mehr Druck braucht und daher gleich mal mit dickeren Strichen anfängt. Dies lässt sich jedoch auch in manchen Apps einstellen, indem man beispielsweise gleich eine dünnere Pinselstärke wählt.
Und hier sind wir schon beim wirklich nervigen Thema: die Apps. Es ist schon praktisch, dass es viele Apps gibt, die mit beiden Stiften gut zurechtkommen. Jedoch – mal funktioniert die Handballenerkennung mit dem einen Stift nicht richtig, obwohl es eigentlich klappen sollte, mit dem anderen dagegen hervorragend. Dann lässt die eine Notizapp nur einen Stift zu, den anderen dagegen überhaupt nicht. Ich habe nicht alle Apps testen können, das würde auch zu weit führen und viel zu viel Geld kosten. Im Rennen waren: Wacom Bamboo Paper, Penultimate, Zoom Notes lite, Adobe Ideas, Procreate, Inspire Pro und Inkist. Bis auf Bamboo Paper und Zoom Notes kommen alle Apps mit beiden Stiften zurecht, die Handballenerkennung ist für beide Stifte in den meisten Apps möglich. Nur Procreate und Inspire Pro sind hier im Hintertreffen, unterscheiden aber nicht zwischen den einzelnen Stiften, sprich die Handballenerkennung geht gar nicht. Druckempfindlichkeit und die Button-Shortcuts funktionieren bis auf Penultimate in allen getesteten Apps.
Es gibt Unterschiede in den verschiedenen Szenarien Handschrift und Zeichnen, welche es mir wirklich schwer machen, mich für einen Stift zu entscheiden.
Handschrift
Bamboo Paper
Diese App lässt tatsächlich auch nur Stifte der Firma Wacom zu, die Konkurrenz wird außen vor gelassen. Das Schreiben gestaltet sich sehr flüssig, man muss mit dem üblichen leichten Anfangsdruck beginnen und der Strich bricht nur selten ab. Das Schriftbild gerade beim sehr schnellen Schreiben sieht schon recht… wild… aus, kann aber auch an meiner Sauklaue liegen ;-) Die Gummispitze verbiegt sich durch den nötigen Druck gerne mal gerade beim flinken Schreiben, jedoch dürfte das Gewöhnungssache sein. Die App bringt noch ein paar weitere Stifte, Pinsel und Untergründe mit sich, die per In-App Kauf erworben werden können. Sie eignet sich also auch zum Zeichnen.
Penultimate
Hier ging zuerst der Adonit ins Rennen. Die Handballenerkennung läuft hier nur unzuverlässig, obwohl diese das einzige der drei Features ist, das in der App funktionieren soll. Das Schriftbild ist okay. Der Stift gleitet laut klackernd, aber leicht über den Bildschirm und schreibt auch ohne Druck.
Penultimate kann – wie mit jedem anderen Stylus oder Finger – mit dem Intuos Creative Stylus zusammen arbeiten. Hierbei muss man allerdings auf sämtliche Vorteile des Stifts verzichten.
Zeichnen lässt sich mit der App kaum.
Adobe Ideas for iPad
Zoom Notes lite
Zwischenfazit
So richtig zufrieden bin ich bisher in keiner App gewesen, und zwar weder mit dem einen, noch mit dem anderen Stift. Was mich jedoch gerade beim Schreiben immer mehr stört, je länger ich die Stifte teste: das laute Geklacker des Adonit Jot Touch 4. Ich bin sehr geräuschempfindlich und das Klacken ist schon sehr laut. Dennoch steht noch der Zeichentest aus!
Zeichnen/Malen/Scribble
Getestet habe ich Adobe Ideas for iPad, Bamboo Paper, Procreate, Inspire Pro und Inkist.
Adobe Ideas for iPad
… ist tatsächlich am Besten nur für schnelle Ideen im Vektorformat geeignet, die man später am PC/Mac in Adobe Illustrator & Co. verfeinern kann. Ich konnte nur den einen Unterschied zwischen den Stiften feststellen: der Wacom macht deutlich dickere Striche und der Ansatz ist nicht so präzise. In der Funktionalität geben sich die Stifte nichts.
Bamboo Paper
… kann ja nur mit dem Stift von Wacom arbeiten, und das ist auch okay so. Für handschriftliche Notizen ist diese Kombination schon sehr gut, für künstlerische Arbeiten jedoch nicht ganz so gut geeignet. Es ist halt das schon bekannte Problem des Intuos: zuviel Druck nötig und zuwenig Präzision möglich.
Procreate, Inspire Pro und Inkist
Allen Apps ist gemein, dass sie eine Vielzahl an Pinseln, Stiften und kreativen Instrumenten mitbringen. Ebenso können alle drei mit der Drucksensitivität der beiden Stifte sehr gut umgehen. Auch die Handballenerkennung (nur in Inkist, die anderen beiden bieten dies nicht) klappt, wenn auch manchmal mit kleinen Aussetzern. Man kann hier also je nach persönlichem Gusto auswählen, welche App man nutzen möchte, mit allen dreien ist man gut bedient.
Zwischenfazit 2
Zeichnen mit dem Adonit Jot Touch 4 ist wesentlich präziser wegen der erheblich kleineren Stiftspitze, auch kommen eindeutig zartere Striche. Das laute Geklacker stört hier kaum, die Bewegungen sind einfach ganz anders als bei schnellen handschriftlichen Notizen. Angst um mein Display wegen eventueller Kratzer hatte ich zu keiner Zeit. Die Stiftspitze des Wacom Intuos Creative Stylus ist recht dick und ein präziser Ansatz ist hier kaum möglich. Auch werden die Striche viel dicker als beim Adonit, einfach weil ein höherer Druck benötigt wird.
Die Entscheidung
Es steht also tatsächlich 1:1 – einen richtig guten Allrounder scheint es wohl nicht zu geben – und ich habe mich inzwischen entschieden:
Ich behalte beide Stifte. Den Wacom Intuos Creative Stylus nutze ich für handschriftliche Notizen und kleine Scribbles in Verbindung mit der App Bamboo Paper auf dem iPad mini, den Adonit Jot Touch 4 zum richtigen Malen und Zeichnen auf dem iPad Air mit den Apps Procreate und Inspire Pro, je nach Lust und Laune.
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